Die Dame kommt dir nicht bekannt vor? Dann ist Grace Murray Hopper bisher an dir vorbeigegangen - Aber keine Sorge: Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Errungenschaften dieser beeindruckenden Lady und erzählt, warum sie mit militärischen Ehren zur letzten Ruhe getragen wurde. Sie schließt sich 53 Jahre nach Ada Lovelace der Reihe legendärer Frauen aus der IT an.

Grace hat nicht nur den Begriff des Bugs beim Programmieren zu Berühmtheit verholfen, sondern sich als Informatikerin unter anderem für die Verwendung allgemeiner Sprache in der Entwicklung eingesetzt und so das Programmieren für viele erst zugänglich gemacht.

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Beginnen wir am Anfang:

Grace schloss das Studium der Mathematik und Physik an der Yale University mit Auszeichnung ab und forschte außerdem an der Harvard University. Ziemlich außergewöhnlich, da Yale bis 1996 eigentlich keine Frauen annahm. So war Grace in den 30ern eine von 30 Frauen, die ihr Studium dort überhaupt beendeten. Nach der Promotion unterrichtete sie zuletzt als Associate Professor am College. Sogar 2018 sind nur knapp 45% der Associate Professuren weiblich besetzt.

Screenshot: Google-Ergebnis zu Grace Hopper

Tätigkeit bei der Navy

Weiter wird Grace als “Informatikerin und Computerpionierin” bezeichnet. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor wendet Grace sich von der Lehre ab und bewirbt sich bei der Navy, um in den Dienst des Landes zu treten. Dort wird sie zunächst abgelehnt, da sie mit 37 Jahren zu alt und noch dazu zu schmächtig sei.

“All these years I’ve been trying to explain that I have Scottish ancestors. I am lean and tough. I don’t need to weigh 140 pounds.” - Grace Hopper

Sie wurde schlussendlich doch angenommen und erreichte den Rang eines Rear Admirals (lower half), was der fünft höchsten Stufe (von elf) entspricht. Dort dient sie bis zu ihren Ruhestand 1966 - dieser währt allerdings nicht lang, denn ein Jahr später wird sie mit 61 in den Dienst zurückbeordert, um bei der Behebung diverser Computerprobleme zu helfen. In den tatsächlichen Ruhestand geht sie erst mit 81 fast 20 Jahre später. Ganz verabschiedet sie sich trotzdem nicht, sondern bleibt als Beraterin tätig.

Während der Zeit bei der Navy entwickelte sie aktiv an den Computern Mark I, Mark II und dem weltweit dritten kommerziell hergestellten Computer Univac mit.

Entwicklung der Computer bei der Navy (Wikipedia)

Bekannte Anekdoten

Die wohl bekannteste Geschichte ist die, bei der Grace dem Begriff des Bugs zu Berühmtheit verhalf. Als eines Tages Mark I nicht mehr korrekt funktionierte, konnte der Fehler auf eine Motte zurückgeführt werden. Das Tier wurde mit dem Zusatz “The first actual case of a bug being found” im Logbuch eingeklebt. Auch wenn die Bezeichnung des Bugs bereits Verwendung fand, wurde er hierdurch zusammen mit dem Begriff des “Debuggings” prominent.

Eintrag im Logbuch "First actual case of a bug" (Wikipedia)

“From then on, when anything went wrong with a computer, we said it had bugs in it” - Grace Hopper

Wer diese Anekdote aus erster Hand erzählt haben möchte, kann sich bei Youtube Aufzeichnungen von Graces Vorlesungen anschauen. Besonders interessant fand ich ihre Vergegenständlichung einer Nanosekunde und den Aspekt Kommunikation und Menschen innerhalb eines Algorithmus, meist auf die Bestandteile der Hard- und Software reduziert.

Nicht nur Motten konnten in diesen großräumigen Computern für Bugs sorgen: Grace verteilte eines Tages selbst ein paar Bettwanzen im Computer. Statt den erhofften ein bis zwei Tagen frei, waren es stattdessen ganze zwei Wochen: Nachdem der Computer ausgesaugt wurde, musste sich genügend Staub für den nötigen Kontakt zwischen den Maschinenteilen ansammeln, bevor die Arbeit wieder aufgenommen werden konnte.

Ihr Einfluss auf die Informatik

Grace setzte sich für die Verwendung von Worten bei der Programmierung ein. Die Verwendung allgemeinverständlicher Sprache machte die Programmierung nicht mehr nur Mathematiker:innen, sondern allen zugänglich. Dadurch sind Compiler, Interpreter und Programmiersprachen entstanden. Code sollte ihrer Ansicht nach für alle frei zugänglich entwickelt werden und auch die Erfindung von Patches geht auf ihre Kappe.

Grace Hopper Computerroom (Wikipedia)

Grace entwickelte die Programmiersprache Flow Matic, auf der COBOL im wesentlichen aufgebaut wurde. Dadurch verdiente sie sich neben dem Spitznamen Amazing Grace auch die Benennung Grandma Cobol. Allerdings ging sie nicht davon aus, dass Flow Matic das Jahrhundert überleben würde und begrenzte die Jahreszahlen aufgrund des damals teuren Arbeitsspeichers auf zwei Stellen. Diese wurde für Cobol übernommen und sorgte beim Jahrhundertwechsel für Probleme: Der Sogenannte Millenium-Bug war geboren.

Eine Frau mit Charakter

Sie bezeichnete sich selbst nicht als Feministin - Hinter ihrem Tatendrang steckte vor allem die Passion für Computer und deren Programmierung. Dennoch hat sie durch ihre Arbeit als IT-Pionierin sicher viel für Frauen getan. So ermöglichte sie beispielsweise der jungen Mutter Betty Hogarth von zu Hause zu arbeiten, was damals remote Work ohne Internet bedeutete, mit Computern die Tonnen wogen.

Mein Eindruck ist, dass die wichtigste Voraussetzungen für Grace Hoppers Errungenschaften ihre Einstellung war:

“The most dangerous phrase in language is: We’ve always done it this way” - Grace Hopper

Dies unterstreicht sie beispielsweise in diesem Teil ihrer Vorlesung und droht ihren Studierenden, sie zu verfolgen, sollten sie es wagen diesen Satz laut auszusprechen. Ebenfalls wichtig ein weiterer ihrer Grundsätze:

“It’s easier to ask forgiveness than it is to get permission” - Grace Hopper

Beide sind meiner Meinung nach Grundvoraussetzungen, um in der damaligen Zeit zu schaffen, was Grace Hopper erreicht hat.

Noch zu Lebzeiten wurde Grace Hopper mit 40 Ehrendoktorwürden und über 50 weiteren Auszeichnungen geehrt. Unter anderem erhielt sie den Man of the Year Award. Weitaus angemessener ist wohl die Ernennung zum Distinguished Fellow der British Computer Society als erste US-Amerikanerin und Frau überhaupt.

Grace Retirement (Wikipedia)

Fun Fact zum Schluss: Eine Ausgabe ihres Taschenbuchs Understanding Computers vom 1. März 1990 war zwischenzeitlich für sagenumwobene 1.123,00€ zu erwerben.

Screenshot Amazon Book "Understanding Computers"

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